Shopping City Seiersberg – zusperren oder retten?

Im Juli 2016 hat der VfGH die Bewilligung für die Shopping City Seiersberg gekippt. Sie haben div. Veordnungen der damaligen Gemeinde Seiersberg aufgehoben, welche die rechtlige Grundlage für den Betrieb der SCS waren.

Bereits im Jahr 2002 wäre das SCS als ein EKZ (Einkaufszentrum) zu groß gewesen, daher hat man vier genehmigungsfähige „Einzelzentren“ gebaut, die durch „Straßen“ getrennt sind.  Diese wurden durch eingehauste Verbindungsgänge überbrückt.
Im Februar 2008 wurde ein fünftes „Zentren“ hinzugefügt.

Das Land Steiermark hat nun bis zum 15. Jänner 2017 seit eine Lösung zu finden oder der Shopping City Seiersberg fehlt die Bewilligung. Mangels rechtlicher Grundlage müsste die SCS dann geschlossen werden.

2.100 Mitarbeiter wissen jetzt schon seit Monaten nicht wie es weiter geht, aufgrund der Kündigungsfristen gehen auch schon Gerüchte um, dass erste Unternehmen vorsorglich Mitarbeiter zu Kündigung angemeldet haben.
Eigentlich ein unhaltbarer Zustand!

In der Diskussion ob man die SCS retten oder zusperren soll gibt es Argumente von beiden Seiten:

scs_bild

Dazu ein paar Gedanken von mir bevor wir zur Thematik EKZ Größe und Bewilligung kommen.

Seit 2002 bewilligt und vom Land mehrmals bestätigt
Ja und ja, ich sehe hier eindeutig das Land Steiermark in der Pflicht. Vor allem nachdem 2004 die Einkaufszentrenverodnung eine Größe von max. 5.000 qm für eine Gemeinde wie Seiersberg vorsehe, ist mir unerklärlich wie noch das fünfte Teileinkaufszentrum bewilligt hat werden können.

57 Millionen Euro Wertschöpfung für die Region pro Jahr
Gegner sagen nun, wenn es die SCS nicht mehr gibt kaufen die Leute eben woanders ein, also zieht das Argument nicht.
Jein, teilweise mag das stimmen, aber zur SCS hat sich auch ein Einkaufstourismus aus den Regionen und auch aus Slowenien usw. entwickelt. Ein Teil davon fällt kurz- und mittelfristig sicher weg.

2.100 Arbeitsplätze in 180 Unternehmen
Wie bei der Wertschöpfung wird sicher ein guter Teil davon den Standort ändern. Das geht aber nicht von heute auf morgen und das große Hauptproblem ist der unsicher Zustand.
Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen wo zu arbeiten, wo unklar ist ob es die Firma an dem Standort in 83 Tagen noch gibt.
Egal in welche Richtung muss endlich Klarheit geschaffen werde.

Durch die SCS fahren weniger Autos in die Stadt
Stimmt natürlich, dass sich durch die SCS der Verkehr nach Graz und in die dortigen Einkaufszentren verringert, weil die Autos außerhalb abgefangen werden.
Angenommen der Verkehr verlagert sich dann aber zum Center West und Murpark, verändert dies für den Verkehr kaum etwas.

Negative Auswirkungen auf Innenstadt und Ortskerne
Der Einzelhandel in der Innenstadt und anderen Orten steht in Konkurrenz zu allen Einkaufszentren, daran ändert sich nichts ob es die SCS gibt oder nicht. Manchen gefällt der Einkauf in Einkaufszentren, diese werden dann nicht in die Innenstadt oder andere Ortskerne wechseln sondern in ein anderes Einkaufszentrum. Von einer Schließung profitieren würden also vor allem das Center West und Murpark, diese würden wahrscheinlich auch ausbauen.

SCS hat keine gute Öffi-Anbindung
Man kann natürlich hinterfragen warum man so große Einkaufszentren ohne gute Öffi-Anbindung bauen lässt. 14 Jahre später ist dies als Begründung gegen die SCS aber fragwürdig, für  neue Einkaufszentren aber eine sinnvolle Forderung.

Wie retten?

Einzelstandortverordnung

Das Land Steiermark kann eine Einzelstandortverordnung erlassen. Diese muss man aber rechtlich argumentieren können, es muss ein öffentliches Interesse bestehen.
Gegen diese Einzelstandortverordnung ist im Land aber laut Bericht der Kleinen Zeitung vom 22. Oktober 2016 der Landerat Buchmann.  Für die Einzelstandortverordnung ist Einstimmigkeit in Landesregierung notwendig ist.

Straßengesetz zu „Interessentenwege“ ändern

Ebenfalls laut Bericht der Kleinen Zeitung von 22. Oktober wäre eine Alternative für Verkehrslandesrat die sogenannten „Interessentenwege“ also die Straßen- und Brückenbauwerke welche die einzelnen Teilzentren der SCS verbindet per Landesgesetz auch für „Straßen mit überörtlichem Verkehr“ zuzulassen.

Problem: Die Größenbeschränkungen für Einkaufszentren würde ausgehebelt, nicht nur für die SCS sondern in der ganzen Steiermark.

Seiersberg mit Graz fusionieren (unrealistisch)

Wäre Seiersberg mit Graz statt mit Pirka zusammengelegt worden, gäbe es die Diskussion nicht. In Graz gibt es keine Begrenzung der Flächen für Einkaufszentren, d.h. die ganze Thema mit Brücken und Interessentenwege wäre unnötig.

Einkaufszentrenverordnung  verändern (unrealistisch)

Eine Möglichkeit wäre natürlich auch für Umlandgemeinden von Graz (Stadtregion Graz) die Größenbeschränkung aufzuheben. Das würde aber genauso wie die Änderung der Gesetze für Interessentenwege Tür und Tor für Einkaufszentren außerhalb der Städte liefern.

Zusammenfassung Lösungsmöglichkeiten

Wenn das Land Steiermark Einkaufszentren außerhalb von Städten in Zukunft weiter verhindern will, gibt es nur zwei Möglichkeiten Einzelstandortveordnung oder zusperren.

Wenn man die Einzelstandortverordnung rechtlich nicht im öffentlichen Interesse argumentieren kann, ist es eben so.

Die Schuld liegt so oder so beim Land Steiermark, wozu gibt es eine Flächenbeschränkung für Einkaufszentren seit 2004 wenn man in Seiersberg dann 2008 sogar einer Vergrößerung zustimmt und bestätigt?

Nichts zu tun ist keine Lösung, auch wenn man die SCS zusperren möchte muss dies über einen längeren Zeitraum geschehen. Damit sich Unternehmen und Arbeitnehmer nach Alternativen umsehen können.

Was ich nicht abschätzen kann, ist ob die Betreiber gegenüber dem Land Steiermark Schadenersatzzahlungen geltend machen können.

Recht muss Recht bleiben?

Verordnung der Gemeinde Seiersberg Gemeinderatssitzung 13.06.2002

„Der 1. Vizebürgermeister stellte den Antrag, der Gemeinderat möge den folgenden Tagesordnungspunkt 10.) b) insofern für dringlich erklären, als die Erklärung der erforderlich gewordenen „Brücken- und Straßenbauwerke Seiersberg“ in der Shopping City Seiersberg zu öffentlichen Interessentenwegen aus Sicherheitsgründen im öffentlichen Interesse gelegen und daher als dringlich zu bezeichnen ist.“

Sitzungsprotokoll Seiersberg Gemeinderat 13. Juni 2002 (PDF)

Wie man im Protokoll lesen kann wurde die Verordnung auch gleich ans Land weiter gegeben um dies zu prüfen.

Der VfGH kam jetzt aber zu dem Schluss, dass diese Verordnung mit den „Interessentenwegen“ rechtlich nicht haltbar ist.

Was sagen die Betreiber dazu:

„Die Verordnungen (der Gemeinde; Anm.) wurden mehrmals vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung als zuständiger Behörde geprüft und genehmigt“
„Sämtliche Klagen, welche seit Bestehen der Shopping City geführt wurden, konnten bis zum Obersten Gerichtshof gewonnen werden. Im Rahmen dieser Verfahren wurde die Rechtmäßigkeit der Verordnungen bestätigt.“

Wie groß darf ein Einkaufszentrum in der Steiermark sein?

Die Stmk. Landesregierung hat am 3. Mai 2004, also nach der ersten Bewilligung der SCS, die neue Einkaufszentrenverordnung beschlossen (LGBl.Nr. 25/2004).
Laut dieser dürfen Einkaufszentren nur in der Stadt Graz beliebig groß sein, außerhalb von Graz gibt es Flächenbeschränkungen:lep_verkaufsflaeche2

Werden diese eingehalten?

Graz, dementsprechend ist die Verkaufsfläche egal:

Center West 53.700 m²
Citypark 40.000 m²
Murpark 36.000 m²

Genau oder knapp am Limit

LCS – Leoben City Shopping ca. 20.000 m² (Leoben 20.000 m² erlaubt)
ECE Kapfenberg 18.000 m² (Kapfenberg 20.000 m² erlaubt)
ELI Liezen 15.000 m² (Liezen 15.000 m² erlaubt)

Shopping Bruck

Auf der Seite des Betreibers werden 30.000 qm angegeben, somit wäre man über den für Bruck erlaubten 20.000 qm.
Diese sind aber auf drei Teile aufgeteilt und der Hauptteil davon hat nicht mehr als 20.000 qm.
Es handelt sich bei den neueren Teilen auch um Fachmarktzentren Zeilen, die nicht zum EKZ gehören.

shopping_bruck

Fachmarktzentren:

Fachmarktzentren sind eine Sonderform von Einkaufszentren, für diese gilt die Größenbeschränkung für Einkaufszentren offensichtlich nicht. Auch in Seiersberg, im Center West usw. gibt es zusätzlich zu den Einkaufszentren losgelöste Fachmärkte, die nicht als Teil der Einkaufszentrums gelten.

Arena Fohnsdorf (Fachmarktzentrum): 51.000 m²arean_fohnsdorf

GEZ West, Gleisdorf  19.000 m²

Auch beim GEZ in Gleichsdorf handelt es sich nicht um ein Einkaufszentrum sondern um ein FMZ:
gez

Problemfall Seiersberg

Shopping City Seiersberg 78.000 m²

Offiziell handelt es sich bei der SCS um fünf betrennte Zentren die mit den  „Brücken- und Straßenbauwerke Seiersberg“ verbunden sind.  Diese „Brücken- und Straßenbauwerke“ wurde per Verordnung durch die damalige Gemeinde Seiersberg zu zu öffentlichen Interessentenwegen erklärt.

Laut Einkaufszentrenverordnung wären heute nur max. 5.000 m² in einer Gemeinde wie Seiersberg-Pirka erlaubt, es wären also auch die einzelnen Einkaufszentren zu groß, diese Verordnung gibt es aber erst seit 2004.
Der fünfte Teil wurde aber erst im Jahr 2008 eröffnet, also zu einem Zeitpunkt als es die Einkaufszentrenverodnung schon gab!

XXL Lutz in Lieboch 35.000 m²

Bei Einzelhandelsstandorten wie Ikea oder auch XXL Lutz ist die Verkaufsfläche im Gegensatz zu Einkaufszentren nicht so limitiert, laut Presseaussendung hat der XXL Lutz in Lieboch eine größere Fläche:
„Mit insgesamt 35.000 m2 dürfte das nun der größte steirische Einzelhandelsstandort sein“.

 

 

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