Rückblick Feuerhalle/Krematorium Gössendorf
Heute vor einem Jahr, am 1. November 2015, gab es von der Alpha Bestattung eine Aussendung zu einer geplanten Feuerhalle in Gössendorf. Die Eröffnung sollte noch vor dem Sommer 2016 sein.
Da das Thema nun endgültig erledigt ist, das Grundstück ist anderweitig verkauft, die Website des Betreibers www.feuerhalle-goessendorf.com offline, hab ich ebenfalls die Facebook Seite und die Website Bürgerinitiave gegen ein Krematorium in Gössendorf offline genommen und ein paar letzte übrige Banner und Unterschriftenlisten verbrannt.
Als Abschluss habe ich eine kleine Zusammenfassung verfasst:
Die Bürgerinitiative gegen ein Krematorium in Gössendorf war nie grundsätzlich gegen Krematorien. Aufgrund von Fakten sind wir aber zum Schluss gekommen, dass der geplante Standort für die Errichtung eines Krematoriums absolut ungeeignet war.
Die erste Tage – Informationen sammeln und organisieren
Ich gebe zu, am 1. November hab ich mich vor allem darüber geärgert, dass das Krematorium ohne echte Information der umliegenden Sieglungen gebaut werden soll.
Dann haben mich am gleichen Tag aber schon diverse Nachbarn angerufen. Der Widerstand und die Verärgerung war so massiv, dass ich mir am Tag darauf . Die ersten Nachbarn haben auch schon recherchiert was ein Krematorium direkt an der Wohnsiedlung bedeutet und div. Faktenpapiere aufbereitet.
An den ersten beiden Tagen haben auch gleich zwei ehemalige Gemeindepolitiker mit uns Kontakt aufgenommen, Altbürgermeister Franz Macher und Peter Kirchengast und dann Unterschriften gesammelt oder für andere Unterstützung gesorgt.
Unterschriften, Unterschriften, Unterschriften, …
Uns war klar, da die Bauverhandlung bereits für 19. November angesetzt war, müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen die uns bis dahin bleiben.
Neben fachlichen Recherchen und Gesprächen mit Verfahrenstechnikern um Argumente gegen den Bau zu haben ging es aber auch natürlich darum die Gemeindepolitik auf unsere Seite zu bringen. Stand am 1. November war ja dass alle 21 Gemeinderäte in Gössendorf für das Projekt waren …
Bereits am 8. November hatten wir über 650 Unterschriften, am Ende waren es über 1.000 nur aus Gössendorf und zusätzlich ca. 250 von Besuchern aus Graz, Nachbarn aus Hausmannstätten usw.
Die Zustimmung bei der Sammlung der Unterschriften war gewaltig. Ich kann mich noch an einen Sonntag Nachmittag am Ulmenweg erinnern da waren 2/3 der Leute zu Hause und einfach alle haben unterschrieben, sich bei uns sogar bedankt, dass wir unsere Zeit dafür investieren.
Erste Unterstützung von Gemeinderäten und politischer Gegenwind
Die ersten die wir davon überzeugen konnten, dass ein Krematorium an der geplanten Stelle nicht sinnvoll ist waren unser Grüner Gemeinderat Joshua Tapley und ÖVP Ortsparteiobmann Thomas Gollner.
Unerwartet starke Kritik an unserer Bürgerliste gegen das Krematorium gab es zu Beginn von der FPÖ in Gössendorf. Uns wurden in einer Gemeindeaussendung Eigeninteressen und Polemisierung vorgeworfen.
Außerdem wurde gehauptet es gibt von den rechtlich betroffenen Anrainern keine negativen Einwände, was nicht richtig war.
Ich gestehe der FPÖ aber zu, dass sich keine der Gemeinderäte, wie von den anderen Fraktionen auch, bis dahin wirklich mit dem Thema Krematorium beschäftigt hatte und der schlussendliche Meinungswechsel der FPÖ auch die SPÖ zum öffentlichen Einlenken bewogen hat.
Medien werden auf uns aufmerksam
Durch Zeitungsberichte in der Krone, der Woche und der Kleinen Zeitung haben wir auch geschafft, das Krematorium über die Gemeinde hinaus zu einem Thema zu machen.
Für Betreiber und Gemeinde stellte sich dadurch die Frage ob es sich gegen den Widerstand noch lohnt weiter zu machen.
Unzählige Anträge auf Parteistellung
Wir haben unzählige Anträge auf Parteistellung eingereicht, die Abarbeitung wäre mit einem bürokratischen Aufwand verbunden gewesen.
Rund um diese Parteistellung ist eigentlich auch mein allergrößter Kritikpunkt an der Gemeinde Gössendorf, mir und anderen wurde gesagt, wir haben kein Recht auf Parteistellung und das stimmt einfach nicht.
Fast egal wie weit etwas von einem entfernt gebaut wird, wenn sie subjektive! Einwände dagegen haben kann man Parteistellung erlangen.
Infoveranstaltung statt Bauverhandlung
Sehr kurzfristig wurde dann aus der angesetzten Bauverhandlung eine Infoveranstaltung, die wohl geplant war um die Anrainer zu informieren aber stattdessen hat unser Sprecher Michael Arch dem Betreiber und den anwesenden Gemeindepolitikern die Leviten gelesen:
Bei der Infoveranstaltung hat Mario Kunasek meiner Meinung nach erkannt, dass das an der Stelle wohl so nicht funktionieren wird und wir haben ein Treffen mit ihm ausgemacht um ihn unsere sachlichen Bedenken rund um den Ofen nahe zu bringen.
Mario war für unsere Argumente offen und die FPÖ hat sich dementsprechend in Folge gegen das Krematorium ausgesprochen.
Der Betreiber hat dann aufgrund des massiven Widerstandes begonnen sich um einen anderen Standort um zusehen.
Am Ende hat sich dann auch die SPÖ gegen das Krematorium in Gössendorf ausgesprochen. Dazu möchte ich anmerken dass wir mit der SPÖ die meisten Gespräche geführt haben, weit mehr als mit allen anderen Fraktionen zusammen und alle sehr offen und konstruktiv waren. Nur bis sie sich eindeutig gegen das Krematorium positioniert haben hat es sehr lange gedauert.
Ich glaube aber die SPÖ hat in Gössendorf auch daraus gelernt …
Thema erledigt – was hat sich verändert?
Die Grundstücke wurden mittlerweile von einem anderem Unternehmen gekauft, somit hat sich das Thema für Gössendorf endgültig erledigt.
Natürlich waren die Monate November und Dezember hart, neben Beruf und Bürgerinitiave gegen das Krematorium gab es für einige von uns nichts mehr anderes und das jeden Tag.
In meiner Siedlung und auch in der Nachbarschaft sind wir dadurch aber auch näher zusammen gerückt.
Die Gemeinderäte, unabhängig von der Partei, da kann ich niemanden ausnehmen, haben schon denk ich gelernt dass es ganz ohne Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung heute schwer geht bzw. man massiven Gegenwind bekommen kann.
Mir hat die Bürgerinitiative aber auch gezeigt was möglich ist wenn sich ein paar Menschen zusammen tun und ihnen etwas wirklich wichtig ist.
Obwohl es mit viel Zeit verbunden war hat es schon auch Spaß gemacht und ich hab euch ein paar Freunde gefunden.
Warum wir dagegen waren
Gössendorf ist die Gemeinde mit der sechsthöchsten Bevölkerungsdichte in der ganzen Steiermark.
In Zukunft sind in der Umgebung noch viel mehr Siedlungen laut REPRO geplant.
Nach einigen Gesprächen, unter anderem mit einem promovierten Verfahrenstechniker und gleichzeitig Experten für industrielle Rauchgasreinigung, sind unsere draus gewonnen Informationen und Bedenken:
– Es ist seit vielen Jahren bekannt, dass Quecksilber, Kadmium und Dioxine/Furane als Schadstoffe aus Krematorien (siehe UNEP, EU, usw.) in der Emissionsbetrachtung unbedingt zu berücksichtigen sind. Dabei sind speziell die Beeinflussungen im Nahrungsmittelkreislauf und dem Trinkwasser zu berücksichtigen. Bestehende Genehmigungswerte in der Größenordnung von 200 Mikrogramm/m³ sind viel zu hoch. Unter Berücksichtigung der heute bestverfügbaren Technik (BVT) und Praxis sind Werte von kleiner als 50 Mikrogramm/m³ möglich.
– Auch wenn alle Grenzwerte eingehalten werden, ist die Schadstoffbelastung niemals Null!
– Bei einer Kaminhöhe solcher Anlagen von. ca. 10m, ist mit einer Schadstoffverteilung im Umkreis von ca. 500 – 1.000m zu rechnen.
– Quecksilber ist nicht gebunden extrem flüchtig und zudem hoch giftig (10 mal giftiger als Blei), dieser Stoff gehört eigentlich aus der Emissionskette verbannt.
Das Gefahrenpotential von Quecksilber ist groß, weil es sich in der Umgebung rasch anreichert und direkt in die Nahrungskette oder auch Trinkwasser einfließt. Für kleinere Verbrennungsanlagen, wie Krematorien, ist die Gesetzeslage sehr dünn, es gibt für diese kritischen Schadstoffe wenig bis keine Grenzwerte. Eine laufende Übermittlung/Kontrolle der Emissionswerte, wie bei großen Anlagen, ist gesetzlich ebenfalls nicht vorgesehen bzw geregelt.
Da der Verbrennungsakt aus pietätsgründen, im Gegensatz zu anderen Verbrennungsanlagen, nicht unterbrochen werden darf, werden bei einer Störungen innerhalb der Abgasanlage, die Abgase über einen sogenannten „Bypass“ ungefiltert in die Atmosphäre abgegeben!
Auszüge aus der kritischen Analyse von ao. Prof. DI Dr. techn. Christian Weiß Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes, Montanuniversität Leoben zum verhinderten Krematorium im Leobersdorf (2000 Leichenverbrennungen pro Jahr):
„Selbst bei der Verwendung der besten Filter werden (nach deutscher Datenlage) noch immer durchschnittlich 185 Gramm Quecksilber pro Jahr ausgestoßen. Zum Vergleich: 1 Energiesparlampe enthält maximal 5 Milligramm Quecksilber. Die bei einem Krematorium – trotz Filter ausgestoßene Quecksilbermenge entspricht daher ca. 37.000 Energiesparlampen jährlich! Energiesparlampen sind als Sondermüll zu entsorgen.“
Mit dem Wasser aus Brunnen im Gössendorfer Schutzgebiet werden Haushalte in Hausmannstätten, Fernitz-Mellach, Vasoldsberg, Raaba-Grambach, Hart bei Graz und Gössendorf versorgt.
Diese Fakten führen uns letztendlich zu der Überzeugung, dass der geplante Standort für die Errichtung eines Krematoriums absolut ungeeignet ist.