Bevölkerungsentwicklung 2016 – Stadtregion Graz wächst – Abwandungsbezirke schrumpfen weiter
Die Statistik Austria hat am 22. Mai 2017 die endgültigen Bevölkerungszahlen per 01.01.2017 veröffentlicht. Österreich wächst zwar nicht ganz so stark wie im Jahr 2015 durch die Flüchtlingsströme, aber dennoch steigt die Bevölkerung weiter, vor allem durch Zuwanderung, weiter an. In den meisten österreichischen Bezirke wächst die Bevölkerung, Bezirke mit negativer Bevölkerungsentwicklung gibt es vor allem in der Steiermark und in Kärnten, auch in nordwestlichen Randbezirken Niederösterreichs ist der Trend der letzten 15 Jahre sowie im Jahr 2016 negativ. Zweidrittel der negativen Bevölkerungsentwicklung auf Bezirksebene findet in der Obersteiermark und in Kärnten außerhalb der Stadtregionen Villach und Klagenfurt statt:
In der Steiermark wächst vor allem die Stadtregion Graz (Stadt + GU) und mit Leibnitz und Weiz zwei Bezirke die teilweise zu dieser Stadtregion gehören bzw. stark damit verbunden sind. Diese Regel gilt für die letzten 15 Jahre genauso wie bei der Betrachtung der Entwicklung von 01.01.2016 bis 01.01.2017:
Diese unterschiedliche Entwicklung stellt das Land Steiermark vor eine außergewöhnliche Herausforderung, Gemeinden in Graz-Umgebung und die Stadt Graz bräuchten mehr Geld um die Infrastruktur an die steigenden Bevölkerungszahlen anzupassen, die ländlichen Gemeinden mit Bevölkerungsschwund wünschen sich mehr Geld damit nicht noch mehr Menschen abwandern.
Wenn man die Top 20 Gemeinden betrachtet die in den letzten 15 Jahren in der Steiermark absolut am stärksten gewachsen sind, ergibt sich ein klares Bild. Ohne Graz sind dies fast ausschließlich Gemeinden in Graz-Umgebung:
Diese unterschiedliche Entwicklung gibt es in keinem anderem Bundesland in diesem Ausmaß, in Kärnten gibt es in einigen Bezirken zwar auch eine starke Abwanderung, der Zuzug nach Villach/Klagenfurt und Umgebung ist aber nicht mit dem Zuzug nach Graz und Graz-Umgebung zu vergleichen.
Was kann man nun gegen die Abwanderung tun? In einem Artikel der OÖ Nachrichten gibt es dazu ein paar gute Anregungen. Klar ist aber, dass es nicht möglich ist mit den vorhandenen finanziellen Mitteln alle steirischen Regionen zu „retten“, also die Abwanderung so stark zu bremsen, dass dies nicht merkbar ist.
Gegenpole zu Graz
Mein Lösungsansatz für die Steiermark wäre, dass es starke Gegenpole zu Graz braucht, das sind am ehesten die Stadtregionen. Wenn man nicht mal dort schafft negative Bevölkerungsentwicklung wirksam zu bekämpfen wie soll es anderswo funktionieren?
Es bräuchte ein starkes Bekenntnis des Landes Steiermark, der Regionen und der betroffenen Städte zu echten und gelebten Stadtregionen als Gegenpole zu Graz. Wenn man die Menschen nicht in Leoben, Kapfenberg, Bruck, Judenburg, Kindberg, Fohnsdorf usw. halten kann, wie soll es dann in Radmer, Hohentauern, Sankt Lambrecht, Landl oder Hirschegg-Pack von Tourismus abgesehen funktionieren?
Welche Stadtregionen es in der Steiermark gibt ist schon lange analysiert und bekannt, auf http://stadtregionen.at/ können diese betrachtet werden, die Politik müsste dem nur endlich Rechnung tragen.
Warum hielt der Umschwung von 2015 nicht an?
Vor einem Jahr hat die steirische Landesregierung noch verkündet, dass es von 01.01.2015 bis 01.01.2016 in jeder steirischen Region einen Bevölkerungszuwachs gab. Da stellt man sich die Frage warum ist das Folgejahr nun wieder im Negativtrend?
Ganz einfach, weil im Jahr 2015 durch die Unterbringung von Flüchtlingen, durch die Notverordnung auf sehr viele Gemeinden aufgeteilt, temporär die Bevölkerung erhöht wurde. Nun wo die Anzahl der Flüchtlinge in Grundversorgung wieder zurück geht, gibt es diesen Effekt nicht mehr und die Bevölkerung sinkt wie die vielen Jahre davor weiterhin.
Braindrain vom Land – Lösung Kinderbetreuung?
Gössendorf ist eine der Gemeinden mit dem stärksten Zuzug in der Steiermark (Top 10) und ich kenne niemanden der wegen der Kinderbetreuung nach Gössendorf gezogen ist, wirklich niemanden.
In unserem örtlichen Kindergarten haben dieses Jahr von ca. 50 neuen Kindern gerade mal die Hälfte Platz gefunden, für die restlichen Kinder müssen die Eltern in anderen Gemeinden Plätze finden, trotzdem ziehen viele Menschen nach Gössendorf.Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach fast das im Beitrag der ÖO Nachgrichten ganz gut zusammen, es gibt am Land für gut ausgebildete Frauen so gut wie keine Jobs. Wenn ich keinen Job bekomme stellt sich für mich gar nicht die Frage rund um die Kinderbetreuung. Das ist der Braindrain vom Land, das betrifft auch Männer, aufgrund der stark unterschiedlichen Auswahl nach Geschlechtern aber nicht so stark. Umgekehrt geht es um leistbare Mobilität, warum gibt es in Graz mehr Mindestsicherungsbezieher als in der ganzen restlichen Steiermark? Weil nicht nur die besser Ausgebildeten in den Zentralraum ziehen, sondern auch viele ohne bzw. mit schlechter Ausbildung. Die am Land bleiben (können) sind zum Beispiel oft Handwerker oder Selbständige, darum gibt es in ländlichen Gemeinden auch extrem viele mehr Menschen mit Lehrabschluss. In Graz gibt es dafür viel mehr Menschen mit Hochschulabschluss, aber auch der Anteil der Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung ist viel höher als in ländlichen Gemeinden.
Datenquelle: Statistik Austria Bevölkerungszahlen nach Bezirk und Gemeinde
Artikel 24.05.2017 ÖO Nachrichten zu dem Thema: Rettet das Dorf – Rezepte gegen Landflucht